Ninth Investment Arbitration Forum: "Lessons learnt in Latin America – relevant for Investment Arbitration in Europe? Valuation of Damages in Changing Economic and Political Circumstances


Am 26. Mai 2018 fand das neunte „Investment Arbitration Forum“ statt, das mit dem österreichischen Büro der Internationalen Handelskammer (International Chamber of Commerce – ICC), dem Instituto de Investigaciones Jurídicas der Universidad Nacional Autónoma de México und Wöss & Partners gemeinsam mit der Universität Wien organisiert wurde. Das „Investment Arbitration Forum“ wurde 2008 in Mexiko gegründet und findet seitdem jährlich statt, meist in Mexiko-City, aber auch in Washington, DC. Die Veranstaltung im Wiener Juridicum war die erste in Europa.

Unter dem Titel „Lessons learnt in Latin America – relevant for investment arbitration in Europe? Valuation of Damages in Changing Economic and Political Circumstances” wurde erörtert, inwieweit Erfahrungen aus Investitionsstreitigkeiten in Lateinamerika vor dem Hintergrund sich ändernder politischer und ökonomischer Umstände auch für Europa relevant sein könnten. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf der Schadensberechnung. In seiner Begrüßungsrede erklärte Botschafter Hermann Aschentrupp Toledo, stellvertretender Missionsleiter der mexikanischen Botschaft in Österreich, die Hintergründe des jüngst erfolgten Beitritt Mexikos zur ICSID Konvention. Corinne Montineri und Dr. Judith Knieper von UNCITRAL gaben einen Überblick über die Reform der ISDS im Lichte der Diskussion der Arbeitsgruppe III. Insbesondere wurden aktuelle Entwicklungen in Bezug auf Transparenzstandards vorgestellt.

Das erste Panel, moderiert von Dr. Guillermo Estrada Adan (Instituto de Investigaciones Juridicas/ UNAM), thematisierte Erfahrungen mit internationalen Investitionsstreitigkeiten aus einigen lateinamerikanischen Ländern. Diego Brian Gosis (GST LLP) widmete sich den Notstandsmaßnahmen Argentiniens und den daraus resultierenden Ansprüchen ausländischer Investoren sowie deren Bewertung. Michael Kotrly (Freshfields) sprach über die „bolivarianische Revolution“ Hugo Chavez‘ und ihre Folgen für die Bewertung der Ansprüche von Investoren gegen Venezuela, insbesondere inwiefern ein höheres Enteignungsrisiko bei der Schadensberechnung in Betracht gezogen wurde. Diego Cadena (Foley Hoag) erörterte die Auseinandersetzungen Ecuadors mit ausländischen Investoren in der Erdölindustrie. Anschließend diskutierte Dr. Herfried Wöss (Wöss & Partners) die Fälle Burlington v. Ecuador und Murphy v. Ecuador, in denen vor allem die Kausalität für die Schadensberechnung eine große Rolle spielte.

Das zweite Panel, moderiert von Professor Nikos Lavranos (Wöss & Partners) und Smaranda Miron (Energiegemeinschaft), befasste sich mit den sich verändernden wirtschaftlichen und politischen Umständen und ihren Auswirkungen auf die Schadensberechnung, die von Lateinamerika ausgehend auch auf andere Staaten übertragbar sind. Professor Irmgard Marboe (Universität Wien) widmete sich der Unterscheidung zwischen rechtmäßiger und unrechtmäßiger Enteignung und kam zum Schluss, dass in der Praxis der Schiedsgerichte letztlich nicht die Bezahlung einer Entschädigung das entscheidende Kriterium war, sondern das Erfordernis eines ordnungsgemäßen Verfahrens. Dr. Alejandro Carballo Leyda (Energy Charter Secretariat) erörterte Möglichkeiten, sich ändernde wirtschaftlichen Bedingungen im Rahmen des Energy Charter zu berücksichtigen, beispielsweise im Hinblick auf Art. 24 ECT (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung). Adriana San Román (Wöss & Partners) verglich die Bemessung von Schadenersatz in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit mit jener der internationalen Investitionsschieds¬gerichtsbarkeit anhand prominenter Gas- und Ölfälle, wie Bridas v. Turkmenistan. Benard V. Preziosi (Curtis, Mallet-Prevost, Colt-Mosle) diskutierte die Auswirkungen vertraglicher Bestimmungen auf die Berechnung von Schadensersatz in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit auf der Grundlage des Falls Mobil v. Venezuela.

Das von Dr. Elisabeth Vanas-Metzler (VIAC) und Emmanuel Kaufman (Knoetzl) moderierte dritte Panel diskutierte die jüngsten Entwicklungen der Investitionsschiedsverfahren in Europa und Lateinamerika. Antolín Fernández Antuña vom spanischen Justizministerium präsentierte eine Bewertungsanalyse verschiedener Fälle im Bereich erneuerbarer Energien gegen Spanien. Anne-Karin Grill (International Conflict Management) erörterte den Unterschied zwischen Enteignungsentschädigungen und Schadenersatz bei Vertragsverletzungen und plädierte für eine unterschiedliche Berechnung.  Professor Stefan Weber (Weber & Co) diskutierte die Ersatzfähigkeit von Vertrauensschaden auch im Falle schlechter Geschäftsentscheidungen. Professor Christoph Schreuer (zeiler.partners/Universität Wien) diskutierte die Folgen des Ausstiegs dreier lateinamerikanischer Staaten (Bolivien, Ecuador und Venezuela) aus der ICSID Konvention.

Auf dem letzten Panel, moderiert von Adriana San Roman (Wöss & Partners), erörterten Experten aus den Bereichen Finanzierung und Bewertung ihre Methoden der Schadenersatzberechnung bei sich ändernden politischen und wirtschaftlichen Umständen. Dr. Anton Garcia (Compass Lexecon) stellte seine  Schadensquantifizierung im Fall von Streitigkeiten über erneuerbare Energien vor. James Searby (FTI Consulting) betonte die Unterschiede zwischen Schadensbewertung und Unternehmensbewertung. Tomas Haug (NERA) untersuchte die Verwendung von Informationen im Nachhinein bei der Quantifizierung von Schäden und stellte den Ex-ante- und den Ex-post-Ansatz einander gegenüber. Schließlich erklärte Thierry J. Senechal (Finance for Impact) einige Methoden zur Ermittlung der Zeitwerts im Rahmen von Schadenersatzberechnungen.

Die Veranstaltung war mit über 70 Teilnehmern gut besucht. Der Kluwer Arbitration Blog veröffentlichte einen von Katharina Plavec (Universität Wien) verfassten ausführlichen Bericht darüber. Einige Präsentationen werden im Journal of Damages in International Arbitration publiziert.